Was macht einen süßen Wein aus?
Süße Weine begeistern mit einem reichhaltigen Aromenspiel und intensiven Geschmackserlebnissen – doch was genau macht einen Wein süß? Entscheidend ist der Restzuckergehalt, also der unvergorene Zucker, der nach dem Gärprozess im Wein verbleibt. Je höher dieser Anteil, desto süßer schmeckt der Wein – vorausgesetzt, die Säure hält sich im Rahmen.
Süße Weine können ganz unterschiedlich entstehen:
· Natürlich, durch hohe Zuckerwerte in der Traube
· Durch Gärstopp, etwa mit Kälte oder Schwefel
· Durch Zugabe von Alkohol, wie beim Portwein
· Oder durch gezielte Nachsüßung bei einfacheren Qualitäten
Richtwert: Ab 45 g Restzucker pro Liter spricht man offiziell von einem süßen Wein.
Rebsorten, Regionen und Klassiker der Süßweinkunst
Die bekanntesten Vertreter
Einige süße Weine haben Kultstatus – aus gutem Grund:
· Tokaji Eszencia (Ungarn): Flüssiges Gold mit bis zu 600 g Restzucker pro Liter
· Sauternes (Frankreich): Edelfäule trifft Eleganz
· Eiswein (Deutschland/Österreich): Gefrorene Trauben, konzentrierter Genuss
· Beerenauslese & Trockenbeerenauslese: Edelsüße Giganten
· Portwein & Banyuls: Kraftvoll, warm und süß durch Alkoholstopp
· Recioto & Vin Santo (Italien): Rosinierte Trauben, tiefgründige Aromen
Auch Moscato d’Asti, Spätlesen und lieblich ausgebaute Rieslinge gehören in diese Kategorie.
Die Rolle von Säure, Alkohol und Balance
Süße allein macht keinen guten Dessertwein – entscheidend ist das Spiel mit der Säure. Ein Wein mit 100 g Zucker schmeckt plump, wenn er keine frische Säure mitbringt. Aber genau diese Balance trennt billig gemachte Zuckerbomben von edlen Süßweinen.
Ebenso wichtig: Alkoholgehalt und Körper. Ein hochwertiger Süßwein hat Struktur, Tiefe und Länge im Abgang – nicht nur Süße.
Süße Weine bei Tisch: Mehr als nur Dessertbegleiter
Süße Weine sind überraschend vielseitig:
Gericht Passender Süßwein
Blauschimmelkäse Portwein, Banyuls
Foie Gras Sauternes
Apfelstrudel Auslese, Trockenbeerenauslese
Fruchtdesserts Moscato d’Asti
Bitterschokolade Recioto della Valpolicella
Pikante asiatische Küche Spätlese oder halbtrockener Riesling
Tipp: Die Süße des Weins sollte immer mindestens so hoch sein wie die Süße des Gerichts.
Schaum und Süße: Was steckt hinter Doux, Demi-Sec & Co?
Bei Sekt, Champagner & Co. spielt Zucker eine doppelte Rolle:
1. Liqueur de tirage – sorgt für die Perlen (Zucker + Hefe)
2. Liqueur de dosage – rundet den Geschmack ab (Zucker + Wein)
Bezeichnungen auf dem Etikett:
Angabe Zucker pro Liter
Brut Nature 0–3 g
Extra Brut 0–6 g
Angabe Zucker pro Liter
Brut 0–12 g
Extra Dry 12–17 g
Sec 17–32 g
Demi-Sec 32–50 g
Doux über 50 g
Süßer Rotwein – unterschätzt, aber verführerisch
Auch Rotwein kann süß – und wie! Wenn er aus rosinierten Trauben oder durch gestoppte Gärung entsteht, zeigt er komplexe Fruchtaromen, Wärme und Tiefe.
Edle Varianten:
· Recioto della Valpolicella
· Roter Port
· Maury (Südfrankreich)
Natursüße Weine vs. Vins Doux Naturels: Was ist der Unterschied?
· Natursüß: Gärung stoppt von selbst (Zucker zu hoch für Hefen)
· Vin doux naturel: Gärung wird durch Alkoholeingabe gestoppt
Beide Varianten bieten intensive Süße, unterscheiden sich jedoch technisch deutlich – und beide stehen für hohe Qualität, wenn sorgfältig produziert.
Süßer Wein – handwerkliches Meisterwerk für Genießer
Ob du deinen süßen Wein als Aperitif, Dessertbegleiter oder Meditationswein trinkst – es lohnt sich, Qualität zu erkennen. Achte auf:
· Herkunft und Herstellungsverfahren
· Balance aus Zucker, Säure und Alkohol
· Echte Restsüße statt Nachzuckerung
Denn guter süßer Wein ist kein Getränk – er ist ein Erlebnis.