Einige Diesel-Modelle des schwedischen Herstellers überschreiten die gesetzlichen Grenzwerte um das 13-Fache. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte am 29.11.2023: Illegale Abschalteinrichtungen sind rechtswidrig.
Betroffen sind unter anderem der XC60 D3 und der S90 4D. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wegen Untätigkeit. Ein Rückruf ist für Dezember 2024 geplant.
Für Besitzer dieser Fahrzeuge könnte ein Fahrverbot drohen. Hintergrund ist der Einsatz von Thermofenster-Technologien, die Abgaswerte nur im Testbetrieb senken.
Volvo stoppte 2024 die Dieselproduktion. Doch die Folgen des Skandals bleiben aktuell. Wie geht es weiter für betroffene Autobesitzer?
Volvo im Abgasskandal – Was bisher geschah
Bereits 2016 deckten Tests unerlaubte Abschalteinrichtungen auf. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichte damals Abgasmessungen, die zeigten: Einige Modelle emittierten bis zu 2.148 mg/km Stickoxide (NOx) – bei -4°C.
Unabhängige Tests belegen Manipulationen
2016 und 2021 dokumentierte die DUH auf Berliner Teststrecken systematische Überschreitungen. Besonders auffällig: Die Werte stiegen bei niedrigen Temperaturen stark an. Ein BR-Bericht enthüllte zudem einen Sensor im Außenspiegel, der Außenbedingungen erfasste.
Modell | NOx-Wert (mg/km) bei 20°C | NOx-Wert (mg/km) bei -4°C |
---|---|---|
XC60 D3 (Euro 5) | 180 | 2.148 |
S90 4D (Euro 6) | 90 | 1.020 |
Volvos Argumentation zum «Industriestandard»
Der Hersteller verwies auf Thermofenster als „branchenüblich“. Doch Gerichte wiesen dies zurück: „Ein Motorschutz rechtfertigt keine illegale Abschaltung“, so ein Richter. Medien berichteten über widersprüchliche Stellungnahmen.
Aktuelle Rechtslage nach BGH-Urteil
Der Bundesgerichtshof entschied am 26.06.2023: Betroffene erhalten pauschalen Schadensersatz (5-15% des Kaufpreises). Ein Vorsatznachweis ist nicht nötig. Grundlage ist auch ein EuGH-Urteil vom März 2023.
Über 100.000 Verfahren könnten davon profitieren. Die DUH fordert nun Rückrufe für alle manipulierten Modelle.
Diese Volvo-Modelle könnten betroffen sein
Untersuchungen zeigen: Bestimmte Diesel-Fahrzeuge stehen im Fokus der Behörden. Betroffen sind vor allem Modelle mit D3-, D4– und D5-Motoren aus den Baujahren 2014–2020.
Euro-5-Motoren (D3) unter Verdacht
Die Motor-Baureihe D3 erfüllt nur die Euro-5-Norm. Tests belegen: Bei Kälte stiegen die Emissionen auf bis zu 2.148 mg/km Stickoxide – das 13-Fache des Grenzwerts. Betroffene Modelle:
- XC60 2.0 (2014–2017)
- S80 2.0 (2015–2016)
- V70 2.0 (2014–2016)
Euro-6-Modelle (D4/D5) mit Überschreitungen
Selbst neuere Fahrzeuge mit Euro-6-Zulassung fallen auf. Der XC60 2.0 (2018–2020) überschritt Werte um das Fünffache. Hybrid-Varianten zeigen ähnliche Muster.
Vollständige Liste der betroffenen Baureihen
Laut Rechtsanwaltskanzlei umfasst der Rückruf 12 Modelle. Darunter:
Modell | Baujahr | Motorcode |
---|---|---|
V90 2.0 | 2017–2020 | D4 |
XC40 2.0 | 2018–2020 | D5 |
S90 4D | 2016–2020 | D3 |
Weltweit sind 50.052 Einheiten betroffen, davon 13.965 in Deutschland.
Das Thermofenster – Wie Volvo die Abgaswerte manipulierte
Technische Analysen enthüllten eine gezielte Abschaltung der Abgasreinigung unter bestimmten Bedingungen. Das sogenannte Thermofenster deaktivierte kritische Systeme außerhalb eines engen Temperaturbereichs – ein Trick, der erst durch Reverse Engineering der Software aufgedeckt wurde.
So funktionierte die illegale Abschalteinrichtung
Die Motorsteuerung erkannte über Sensoren die Außentemperaturen. Bei Werten unter 15°C oder über 33°C reduzierte sie die Wirkung der Abgasnachbehandlung. Experten vergleichen dies mit VWs Prüfstandserkennung – nur subtiler.
Besonders kritisch: Die Kühlmittelregelung beeinflusste die Abschalteinrichtung. Kältere Temperaturen beschleunigten den Motorverschleiß, während die Software gleichzeitig die Emissionskontrolle drosselte.
Messdaten belegen systematische Überschreitungen
Tests dokumentierten extreme Stickoxidwerte außerhalb des Thermofensters:
Temperaturbereich | NOx-Emission (mg/km) |
---|---|
15-33°C (Normbetrieb) | 90-180 |
9-11°C | 811 |
-4°C | 2.148 |
Das Umweltbundesamt berechnete dadurch entstandene Gesundheitskosten von über 800 Millionen Euro allein in Deutschland.
Langzeitfolgen für Umwelt und Technik
Betroffene Fahrzeuge zeigen nach Software-Updates häufig Leistungseinbußen. Der Grund: Die ursprüngliche Programmierung optimierte die Motorleistung auf Kosten der Abgasreinigung.
Katalysatoren altern durch die Manipulation schneller. Erfahrungsberichte belegen erhöhte Reparaturkosten – ein versteckter Preis der Trickserei.
Ihre rechtlichen Möglichkeiten als Betroffener
Rechtliche Schritte stehen Besitzern manipulierter Modelle offen. Das BGH-Urteil vom Juni 2023 schafft klare Ansprüche – unabhängig vom Nachweis des Vorsatzes. Betroffene haben drei Hauptoptionen.
Pauschaler Schadensersatz (5-15% des Kaufpreises)
Der einfachste Weg: Eine pauschale Entschädigung. Laut BGH sind 5-15% des Kaufpreises üblich. Beispiel:
- Kaufpreis: 33.000€
- Erstattung: 1.650–4.950€
Das OLG München bestätigte dies im Fall 8 U 640/20. Die Durchsetzung dauert meist 6-18 Monate.
Rückabwicklung des Kaufvertrags
Bei schweren Fällen kann der gesamte Kaufpreis zurückgefordert werden. Voraussetzung:
- Fahrzeug wurde nach dem 01.01.2016 gekauft
- Keine grobe Fahrlässigkeit des Käufers
Der Hersteller muss dann das Auto zurücknehmen – abzüglich einer Nutzungsentschädigung.
Differenzschadensersatz bei bereits verkauften Fahrzeugen
Wer sein Auto bereits veräußert hat, kann den Wertverlust geltend machen. Gutachter berechnen:
- Wert ohne Manipulation
- Tatsächlichen Verkaufspreis
Die Differenz ist erstattungsfähig. Pro Kilometer wird meist 0,15–0,30€ abgezogen.
Ablauf einer Schadensersatzklage
Über 15.000 Verfahren laufen bereits. So funktioniert’s:
- Nachweis der Manipulation (DUH-Gutachten genügt)
- Kaufvertrag vorlegen
- Fristgerechte Klage einreichen
«Die Beweislast liegt beim Hersteller», bestätigt das OLG Köln. Experten raten zu anwaltlicher Hilfe.
Fazit: So handeln Sie als Volvo-Dieselbesitzer richtig
Für Besitzer manipulierter Dieselmodelle beginnt jetzt die entscheidende Phase. Prüfen lassen Sie zunächst, ob Ihr Fahrzeug im Abgasskandal betroffen ist – Gutachten der DUH oder spezialisierte Kanzleien helfen hier.
Kritisch zu sehen sind Hersteller-Updates: Oft mindern sie Leistung, ohne den Anspruch auf Schadensersatz zu erfüllen. Ältere Modelle haben trotzdem gute Chancen – vorausgesetzt, Sie handeln vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist.
Sichern Sie alle Dokumente (Kaufvertrag, Werkstattnachweise). Sammelklagen könnten 2024 neue Wege eröffnen. Kontaktieren Sie bei Fragen Anwaltskanzleien mit Expertise im Emissionsrecht – viele bieten kostenlose Erstberatungen an.