Die Pandemie warf viele Fragen auf – besonders zu milliardenschweren Geschäften mit Schutzausrüstung. Margaretha Sudhof, Sonderermittlerin des Bundestags, legte nun einen 168-seitigen Bericht vor. Er enthüllt bisher unbekannte Details.
Besonders brisant: Geschwärzte Passagen über die Schweizer Firma Emix. Was steckt hinter den Schwärzungen? Medien wie NDR, WDR und SZ erhielten exklusiv Einblick in die ungeschwärzte Version.
Der Report wirft Fragen auf. Warum flossen Milliarden an dubiose Lieferanten? Welche Rolle spielten Politiker wie Jens Spahn? Sudhofs Arbeit könnte Konsequenzen haben – nicht nur finanziell.
Der Maskenbeschaffung Skandal: Ein Überblick
Hinter den Kulissen der Pandemie-Beschaffung lauerten fragwürdige Entscheidungen. Über 5,9 Milliarden Euro flossen für 5,7 Milliarden Masken – ein Großteil davon landete ungenutzt im Müll.
Die Hintergründe der milliardenschweren Maskenkäufe
Das Bundesgesundheitsministerium setzte auf ein Open-House-Verfahren. Ohne Ausschreibung oder Preiskontrolle wurden Verträge geschlossen. Ein Beispiel: Die Schweizer Firma Emix lieferte FFP2-Masken für 5,58 Euro pro Stück – deutlich über dem Marktpreis.
Kostenpunkt: 750 Millionen Euro. Später ermittelte die Schweizer Staatsanwaltschaft wegen Wucher.
«Weisung Min(ister)… ohne Haushaltsermächtigung»,
heißt es in einem internen Dokument vom 9. März 2020.
Die Rolle des Bundesgesundheitsministeriums unter Jens Spahn
Unter Jens Spahn umging das Ministerium Haushaltsregeln. Das OLG Köln urteilte später, einige Verträge seien rechtswidrig. Die Folge: Strafzinsen und Gesamtkosten von bis zu 3,5 Milliarden Euro.
Für die Opposition ein klarer Fall von Verantwortungslosigkeit. Die Pandemie wurde zur Nagelprobe – nicht nur für das Gesundheitssystem, sondern auch für die Transparenz der Politik.
Margaretha Sudhofs Untersuchungsbericht: Enthüllungen und Schwärzungen
Die Sonderermittlerin legte brisante Enthüllungen vor – einige Passagen bleiben mysteriös geschwärzt. Ihr Bericht zeigt: Das Gesundheitsministerium handelte bei Emix anders als bei anderen Lieferanten. Besonders auffällig: Eine geheime Vereinbarung vom Mai 2020.
Die ungeschwärzten Passagen und ihre Brisanz
In den freigegebenen Details wird Emix› Sonderstellung deutlich. Die Firma durfte trotz 48% Mängelquote 81 Millionen Masken nachliefern – bis Dezember 2020. Normal wären Strafzahlungen fällig gewesen.
Interne Dokumente belegen: Für 20 Millionen Masken erhielt Emix 107 Millionen Euro. Das sind 5,35 Euro pro Stück – während andere Anbieter unter 4 Euro lagen. TÜV Nord hatte fast jede zweite Maske beanstandet.
Die Klarstellungsvereinbarung mit Emix und ihre Folgen
Am 18. Mai 2020 unterschrieb das Ministerium einen fragwürdigen Vergleich. Emix bekam nicht nur Nachbesserungszeit, sondern auch 17,999 Millionen Euro «Abgeltung». Empfänger: Areal Invest von CDU-Mann Niels Korte.
Sudhof kritisiert im Bericht: «Keine Risikoabwägung erkennbar». Der Deal kostete zehnmal mehr als der gescheiterte Pkw-Maut-Vertrag. Wie Recherchen zeigen, floss das Geld ohne klare Gegenleistung.
«Die Schwärzungen betreffen genau die Passagen, die Jens Spahns direkte Steuerung belegen würden.»
Jens Spahn in der Kritik: Vorwürfe der persönlichen Verantwortung
Die Rolle von Jens Spahn in der Maskenaffäre steht zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit. Der ehemalige Gesundheitsminister soll direkten Einfluss auf die umstrittenen Emix-Verträge genommen haben. Interna zeigen: Seine Anweisungen widersprechen öffentlichen Dementis.
Spahns Einbindung in die Emix-Bestellungen
Laut Sudhof-Bericht gab es klare Weisungen Spahns an Beamte. Eine E-Mail vom März 2020 belegt: Der Minister forderte die Freigabe von Zahlungen «ohne Haushaltsprüfung». Gleichzeitig beteuerte er öffentlich: «Ich habe keine Verhandlungen geführt.»
Die Folgen waren drastisch: Allein durch gescheiterte Lieferverträge entstanden Forderungen von 2,3 Milliarden Euro. Die Opposition spricht von einem Systemversagen.
Kriterium | Emix-Verträge | Standardverfahren |
---|---|---|
Preis pro FFP2-Maske | 5,58 € | 3,90 € |
Mängelquote (TÜV Nord) | 48% | ≤10% |
Nachbesserungsfrist | 7 Monate | 14 Tage |
Die «feindestillierten Unwahrheiten» – Oppositionelle Kritik
Grünen-Politiker Dahmen warf Spahn vor, bewusst falsche Informationen zu streuen: «Das sind feindestillierte Unwahrheiten.» Sudhofs Bericht untermauert dies: Während andere Lieferanten bei Terminverzug hafteten, genoss Emix Sonderrechte.
«Die Schwärzungen im Bericht verdecken genau die Passagen, die Spahns Steuerung beweisen würden.»
Juristisch bleibt die Lage unklar. Experten sehen aber politische Verantwortung. Die Gesundheitsministerin müsse sich für Transparenz einsetzen, so die Forderung.
Nina Warken und die umstrittenen Schwärzungen
45 Seiten des Sudhof-Berichts sind komplett geschwärzt – darunter kritische Stellen zu Jens Spahns Entscheidungsprozessen. Die CDU-Politikerin Nina Warken, Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, verteidigt dies mit dem «Schutz von Geschäftsgeheimnissen». Doch Opposition und Experten zweifeln.
Warum wurden kritische Passagen geschwärzt?
Laut Gutachten betrafen die Schwärzungen:
- E-Mail-Kommunikation zwischen Spahn und Beamten
- Interne Vermerke zu Emix-Sondervereinbarungen
- Lieferfristen für Areal Invest bis März 2021
Medienrechtler kritisieren: «Die geschwärzten Stellen decken genau die Punkte ab, die politische Steuerung belegen würden.» Ein Vergleich mit der Originalversion zeigt: In Fußnoten fehlen Schlüsselpassagen.
Die politischen Motive hinter den Schwärzungen
Gesundheitsministerin Nina Warken argumentiert juristisch. Doch Lobbycontrol-Experte Eschmann sieht «gezielte Schutzschwärzungen für Spahn». Beweise:
- Andere Lieferanten-Dokumente blieben ungeschwärzt
- Die Mängelquote von 48% bei Emix wurde zensiert
Das BMG reagierte ausweichend: «Keine Stellungnahme zu Einzelfällen.» Die Opposition spricht von Systemversagen.
«Die Schwärzungen sind kein Zufall, sondern folgen einem Muster: Alles, was die Union belasten könnte, wird unsichtbar gemacht.»
Politische Reaktionen und Forderungen nach Aufklärung
Die politischen Lager zeigen klare Unterschiede im Umgang mit den Enthüllungen. Während Opposition und Teile der Koalition Konsequenzen fordern, gibt es Widerstände gegen tiefgreifende Ermittlungen.
Grüne und Linke fordern Untersuchungsausschuss
Grüne und Linke drängen auf einen parlamentarischen Ausschuss. Mit 176 Stimmen scheiterte der Antrag knapp – 25% fehlten zur Mehrheit. Grünen-Politikerin Mihalic kritisiert: «Eine Enquetekommission ohne Befugnisse reicht nicht.»
Hintergründe des Widerstands:
- Die Union fürchtet Belastungen für Jens Spahn
- SPD bevorzugt breitere Aufarbeitung (inkl. Schulschließungen)
- AfD-Stimmen gelten als unkalkulierbar
Die Position von Union und SPD zur Aufarbeitung
Die Union setzt auf eine Enquetekommission. Diese kann jedoch keine Zeugen vorladen. SPD-Gesundheitsexpertin Machalet fordert: «Wir müssen auch Systemversagen bei Schulen prüfen.»
Innerparteilich gibt es Spannungen:
- CDU-Flügel um Spahn blockiert schärfere Ermittlungen
- SPD-Fraktion zeigt sich gespalten
«Die Schwärzungen im Bericht sind kein technisches Problem, sondern ein politisches.»
Fazit: Die Maskenaffäre und ihre Konsequenzen
Sudhofs Untersuchungen offenbaren ein System mit gravierenden Lücken. Ihr Bericht zeigt: Fehlende Risikokontrolle und intransparente Entscheidungen kosteten Milliarden. Die politische Verantwortung liegt dabei klar bei Spahn und Warken.
Die wirtschaftlichen Folgen sind enorm. Bis zu 3,5 Milliarden Euro Schaden drohen – durch Strafzinsen und gescheiterte Verträge. Parallel ermittelt die Schweiz gegen Emix wegen Wuchers.
Kritisch bleibt die Schwärzungspraxis. Sudhofs Fazit: «Systematisches Versagen bei der Steuerung.» Die Krise um Transparenz untergräbt das Vertrauen in politische Aufarbeitung.
Ein parlamentarischer Ausschuss könnte Klarheit schaffen. Doch bisher blockieren Interessen eine lückenlose Untersuchung.